Saisonfinale mit Lustspiel der S-Klasse
Wer konnte ahnen, daß sich schon wenige Tage nach der unerfreulichen „Zweitrangigkeits“-Diskussion ausgerechnet ein Lustspiel dieses Themas annehmen würde! „Ich glaube“, so sprach Namensgeberin Olympia beim freitäglichen Saisonfinale im Stadttheater „an die Ungleichheit der Menschen“, „bin ein höherer Mensch – auch biologisch“, um sich schließlich zusammen mit Fürstin Eugenie, ihrer adeligen Mutter, über die Anstrengungen zu ergehen, die das gelegentliche „Gemisch mit dem Volke“, dem gemeinen, so mit sich bringt.
Wien also. Ein paar Jahre vor dem Ersten Weltkrieg, die Zeit, wo vermutlich auch den Hunden in aristrokratischen Familien ein k.u.k.-Stammbaum ratsam erschien. Die Inszenierung von Gerhard Tötschinger eröffnete das Spiel mit einem historischen Film, wo Militärparade und Hofstadt um Kaiser Franz Josef kreisten, einer Welt, die sich fortan auf der Bühne fortsetzte, elegant und selbstverständlich übertragen auf Ausstattung und Sprache.
Gerhard Tötschinger, echter Wiener, führte auch als Schauspieler köstlich vor Augen, daß Graf Albert eben kein gewöhnlicher Stallmeister, sondern ein richtiger Oberstallmeister, regierungsseits sozusagen, war, mit stolz triefender Uniform und würdevoller Begriffsstutzigkeit, dabei instinktiv gewappnet gegen allfällige Intrigen.
Hierfür war seine boshafte Gattin Lina zuständig, die in Veronika von Quast eine prächtige, nimmermüde Gestalterin fand. Die Figur des Husarenrittmeisters Bama (Robert Jarczyk), der, respektlos genug, die Hürden seines Standes überspringt, um geradewegs vor der blaublütigen Olympia zu landen, bleibt als Charakter etwas unergiebig, bestimmt aber immerhin Thema und Richtung des Stückes.
Da darf Fritz Truppe als Gendarmerie-Oberstleutnant Krehl ganz andere Register seines Komödienfaches ziehen und er tut es ausgiebig.
Therese Löhner spielt eine ernste Adelstochter, gefangen im Standesdünkel, schier fassungs- und hilflos angesichts der bourgeoisen Liebesattacken. Besonders in den Szenen mit Mutter Eugenie gelingen ihr mimisch fein abgestufte Dialoge.
Christiane Hörbiger endlich, ihre Mutter: durch und durch Adel, ganz und gar Wien, Bridge und Tratsch, dabei weit, weit weg vom Volk. Mit augenzwinkernder Distinktion, angemessener Hysterie und unumschränkter Schauspielkunst adelte sie ihresgleichen und ganz nebenbei noch das Stück.
Zusammen mit Alexander Kerst, der den General Plata-Ettin vorführte, als wäre er bereits mit Uniform zur Welt gekommen, ist es den individuellen spielerischen Leistungen zu danken, daß man ein Lustspiel von solider Standardausführung über weite Strecken der S- Klasse zurechnen mochte.
Ein unterhaltsamer, amüsanter Saisonabschluss mit unerwartet aktuellem Bezug, jedoch auf hohem Niveau.