LINDAU – Das Kunststück, Lindaus 200. Geburtstag als bayerische Stadt in eine glanzvolle Silvestergala zu verwandeln, ist gelungen. Dabei wurde der Anspruch, hohes Niveau und beste Unterhaltung mit den geschichtlichen Daten zu verbinden, am Samstagabend im Stadttheater wie selbstverständlich erfüllt.
Wohl dem, der ein solches Team um sich hat: In vorbildlichem Einsatz vor und während dieses denkwürdigen Silvesterabends ist es gelungen, sowohl die Theaterbühne als auch die Foyers so zu gestalten und zu betreuen, dass das kulinarische und das musikalische Programm nahtlos ineinander übergehen konnten. Sichtbaren Ausdruck fand das nicht zuletzt in dem Umstand, dass Theatermeister Christian Bandte und Tonmeister Joachim Schmid sogar in eigenen Slapstick-Nummern auf der Bühne agierten, um in stattlicher Uniform die jeweilige Fahne zu hissen, die in Lindaus Geschichte gerade aktuell war.
Ein Glück auch, dass Kulturamtsleiterin Angela Heilmann nicht nur die Ideen für ein solches Programm hat und darüber hinaus das organisatorische Talent für seine Verwirklichung, sondern offensichtlich auch einen guten Griff und beste Beziehungen zu solchen Künstlern hat, die das alles auch kongenial umsetzen können und gelingen lassen.
Dazu gehörte allen voran der Schauspieler und Musikentertainer Florian Stiehler, der die Daten der vergangenen 200 Jahre Lindaus offenbar so verinnerlicht hatte, dass er zusammen mit der Pianistin Angelika Merkle ein wahres Feuerwerk aus kabarettistischen Einlagen, frechen Couplets und köstlichen Sprachverfärbungen hervorzauberte. Galt es doch, auch den sprachlichen Bogen dieses Zeitraumes, der von Österreich, Napoleon und der Besatzungszeit nach 1945 geprägt wurde, jeweils im passenden Kostüm und mit dem richtigen Sprachklang zu vermitteln.
Stiehler löst Lachsalven aus
Als besonderes Highlight darf dabei neben der fiktiven Rede Napoleons seine abschließende Ansprache als Ministerpräsident Stoiber gelten, in der Stiehler noch einmal alle Register seines Könnens – und alle Lacher auf seine Seite zog. Kleine Geschichte am Rande: Um die einzig vorhandene Pagen-Perücke „Stoiber-kompatibel“ zu machen, hat ein renommierter Lindauer Friseurmeister diese entsprechend in Form gestutzt und so einen ganz eigenen Beitrag zum „Kultursponsoring“ geleistet.
Dazwischen glänzten immer wieder die Paratore-Brüder. Im Weltklasseformat spielten sie dann auf zwei Flügeln solche Stücke wie etwa das hinreißende Potpourri aus der „Fledermaus“ von Johann Strauß. Eines von vielen Beispielen musikalischen Humors, die diesen Abend geprägt haben, bot auch das Celloquartett um Helmar Stiehler; unter anderem mit seinem Kunststück, möglichst viele Walzer in möglichst kurzer Zeit unterzubringen.
Kabarettist Dietrich „Piano“ Paul hat sich diesen Humor gleich zur Hauptaufgabe gemacht. Während er also in aberwitzigen Variationen „Happy Birthday To You“ spielte und dabei nachwies, dass es sich bei diesem Lied um den eigentlichen Urquell der europäischen Musikgeschichte handelt, hat er uns viel Aufschlussreiches, Witziges und Abenteuerliches über die Altbayern und die Schwaben, die Württemberger und die Alemannen generell („die Kurden Europas“) erzählt und somit einen weiteren Teil dazu beigetragen, dass sowohl die beschwingte Leichtigkeit als auch die festliche Atmosphäre dieser Gala erhalten geblieben sind.
Wenn man alle die kulinarischen Köstlichkeiten dieser langen Nacht Revue passieren lässt, wird wohl jeder zu dem Schluss gekommen sein: Es gibt viele Gründe, auf das „Geburtstagskind“ Lindau neidisch zu sein. Jetzt aber kommt ein weiterer hinzu: Dass es den motivierten Mitarbeitern des Kulturamtes gelungen ist, eine niveauvolle und spritzige Galaveranstaltung konkurrenzlos günstig zu veranstalten.