Köstliche Sketche auch ohne das Original
Welche anderen „Dramatischen Werke“ können sich wohl sonst noch rühmen, ähnlich zahlreichen und starken Wiederbegegnungswünschen ausgesetzt zu sein wie diejenigen Loriots? Schauspieler der „Komödie im Bayerischen Hof“ erfüllten vor vollem Haus die Erwartungen nach einem köstlichen und hintersinnigen Theaterabend.
Natürlich lautet die bange Frage vor einem solchen Abend: Geht das, Loriot ohne Loriot? Wildert da jemand unstatthaft, wenn er sich in Müller-Lüdenscheidts Badewanne begibt, sich mit Herrn Hoppenstedt um einen Kosakenzipfel streitet oder gar mit dem Papst jene „Modebutike“ eröffnet? Die Aufführung im Stadttheater hat gezeigt, dass ein gewichtiger Schauspielerkern – in diesem Fall waren das Werner Haindl, Simone Solga, Friedrich Graumann und Bert Müller-Kopp – ohne weiteres in der Lage ist, für knapp drei Stunden den köstlichen Gehalt dieser Sketche über die Bühne zu gießen, ohne ständig das Original zu vermissen. Das spricht zunächst für die unaufdringliche Klasse dieser Stücke.
Es spricht aber auch für das Verantwortungsgefühl und die Einsicht von Regisseur Stefan Zimmermann, wenn er gar nicht erst versucht hat, den einzelnen Sketchen mit zusätzlichen Botschaften auf die Pelle zu rücken. Dafür hat er dort, wo das achtköpfige Ensemble sogar noch um die Bühnenarbeiter oder Techniker des Ensembles ergänzt wurde, für engagiertes und lebendiges Zusammenspiel gesorgt, was der zutiefst menschlichen Komponente dieser Loriot-Schöpfungen nur entgegenkommen kann: Höhepunkte und Lachsalven gab’s zuhauf, man denke nur an die hoffnungslos komische Eheberatungsszene mit Kusslehrgang oder das Schattenspiel in der Badewannen-Szene, wo die entkleideten Herren ihren akademischen Duft verbreiteten und nebenbei erahnen ließen, dass die ungleich höhere Anzahl weiblicher Akte vielleicht doch ästhetische Gründe haben könnte…
Herausragend auch das komödiantische Talent von Simone Solga, die sich ihre unterschiedlichen Rollen mit schauspielerischer Lust herannahm und dabei die englische „Inhaltsangabe“ in ein zungenbrecherisches Feuerwerk verwandelte. Ein Lob gebührt auch der Bühne Thomas Peknys, die schnelle Szenenwechsel erlaubte und auch den Zusammenbruch aller Möbelteile beim „Schiefen Bild“ eindrucksvoll bewältigte. Meist bot dazu das Thema zu Beethovens Diabelli-Variationen den passenden musikalischen Hintergrund.
Alles in allem: ein köstlicher Theaterabend, der nicht nur den Ruf nach intelligenter Unterhaltung, sondern auch nach schauspielerischem Anspruch zu verbinden wusste.