Gin Romme (Donald L. Coburn)

Reichtum an schauspielerischen Mitteln auf die Bühne gezaubert

Natürlich würden Maria Becker und Alexander Kerst auch den Dialog über die Geschichte des Kleiderhakens in ein bühnenwirksames Schmankerl verwandeln. Daß Donald L. Coburns Altenheim-Stück „Gin Rommé“ unter ihren kunstvollen Händen also zum gleichermaßen bedrängenden wie humorvoll durchsetzten Bühnenauftakt der Saison 1996/97 wurde, stimmt erwartungsfroh.

Im nahezu voll besetzten Stadttheater durften die Zuschauer Zeugen einer sich unerbittlich entwickelnden Begegnung zweier Alter sein, deren anfängliche Fassade schnell zu bröckeln beginnt. In wohldosierten Informationsschüben erfahren wir, daß Martin Weller keineswegs der erfolgreiche, sieggewohnte Geschäftsmann war, als der er sich gibt.

Und Fonsias vermeintliche Alterswürde entpuppt sich bald als löchriger Schutz gegenüber einer frustrierenden Familiengeschichte, deren Hauptursache sie war. Der Unterschied besteht dann nur noch darin, daß er ein wenig früher aus der Rolle fällt als sie: die Art, wie sich das äußerst, offenbart all die charakterlichen Mangel, die beider Leben so gescheitert erscheinen läßt.

Seinen Reiz und seine besondere Eignung fürs Theater gewinnt „Gin Rommé“ durch die Sicherheit, mit der Donald L. Coburn das Stück entlang einer immer wieder neuen Runde dieses amerikanischen Kartenspiels entwickelt. Welchen Reichtum an schauspielerischen Mitteln Maria Becker und Alexander Kerst hier auf die Bühne zauberten, war ein Erlebnis, wie es so eben nur Theater bieten kann. Da agierten, schnaubten, fluchten und kokettierten zwei Spieler gleichen Ranges, kämpften um die Glaubwürdigkeit ihrer Rollen – und gewannen. Die Ankündigung „ein Stuck für große Schauspieler“ fand so ihre eindrucksvolle Bestätigung.

Angesichts dieser Leistungen sei aber erwähnt, daß die ansonsten stimmige Inszenierung wohl leicht auf Alexander Kersts plakatives Umwerfen von Tisch und Stuhl hätte verzichten können. Sein Spiel war zwingend und erzielte so starke Wirkung, daß diese Aktion, sonst eher im Lustspiel zuhause, fast ablenkend wirkte. Auch darüber, ob die etwas einseitige Darstellung des Altenheim-Alltages sowie die ziemlich einfache Beschreibung des dortigen Personals zum Lieferanten der komischen Elemente eines Theaterstückes geeignet sind, mag man geteilter Meinung sein.

Bei weitem aber überwog der positive Eindruck, den dieses Stück, besonders aber seine beiden Darsteller, auf das großzügig applaudierende Publikum machte.