Uwe Friedrichsens in spürbarer Spiellaune
Die Parallele zum Fußball drängt sich auf: wenn es also darum geht, möglichst viele Tore zu erzielen, könnte man das ja gleich über Elfmeterschießen erreichen. Das Lustspiel Georges Feydeaus, gerade 99 Jahre alt geworden, gleicht unter diesem Aspekt jener Lösungsmöglichkeit, gleich eine Vielzahl „treffsicherer“ Momente aneinanderzureihen, um am Ende von einem eindrucksvollen Ergebnis sprechen zu können. Freilich: der weitgehende Verzicht auf eine Handlung – dem vorausgehenden Spiel eben! – zugunsten eines ganz offensichtlich bewährten Handlungsmusters und das ausschließliche Vertrauen auf flotte, erstaunlich präzise Bewegungswechsel können den heimlichen Wunsch nach einer Geschichte mit richtigen Menschen, einer Story wenigstens, nicht immer ganz unterdrücken.
So reichten denn auch die ersten aufgeschnappten Kommentare nach dem durchaus amüsanten Abend von „köstlich“ bis „eine Zumutung!“
Es war in erster Linie der spürbaren Spiellaune Uwe Friedrichsens zu verdanken, daß er den permanent sich weiter aufschaukelnden Turbulenzen seine souveräne, herrlich komödiantische Rollengestaltung gegenüberstellte. Seine so unterschiedliche Darstellung des Direktors einer Lebensversicherungsgesellschaft einerseits sowie die des Hoteldieners Poche andrerseits gerieten so zu kleinen Charakterstudien, die dem Stück seinen Hauptreiz verliehen. Besonders erwähnt werden soll auch der – Gott sei dank! – mehr Sympathie als Mitleid erweckende Sprachfehler des Cousins Camille Chandebise, umwerfend komisch zelebriert von Detlef Heydorn.
Wie bei einem Lustspiel nicht anders zu erwarten, stattete der Autor die meisten anderen Akteure mit all den Klischees aus, die man von ihnen erwartet: die Frau (Isabel Zeumer) des erfolgreichen Direktors auf alles eifersüchtig, was weiblich, hübsch und jünger ist, die verbündete Freundin (Monika Werner), die dadurch selbst in den Strudel gerät, der Diener (Sascha von Zambelly) angemessen beschränkt, dessen Frau (Georgia Bach) – eine Köchin – ständig in Liebesbereitschaft, der Spanier (bizarr: Helmut Potthoff) unentwegt vor einem fälligen Duell, der Hotelbesitzer (Winfried Schwarz) ausbeuterisch, und Freund Tournel (Andreas Klein), der nie begreifen wird, daß ihn seine Lüsternheit nicht ‚mal zu einem Mini-Don Juan macht; klar auch, daß der fragwürdige Amerikaner (Frank Bettinger) überhaupt nur das eine will und ganz zu Recht auf den Namen Rugby hört.
Das furiose, unerhört präzise Zusammentreffen aller möglichen Figuren, die sich eigentlich gerade lieber nicht begegnen sollten, erzeugten die eigenartige Diskrepanz, die sich zwischen der Unbeirrbarkeit einer Schweizer Uhr und dem Charme eines französischen Boulevard-Stückes auftun.
Das Publikum dankte es mit reichem Beifall – den Hauptteil konnte allerdings Uwe Friedrichsen verbuchen: zu Recht.