Chorprobe (Dietmar Bittrich)

Begeisternde Chorprobe mit ungelenken Flirtversuchen

Wer Tränen lachen wollte, der ist in dem Lustspiel „Chorprobe“ am Sonntagabend voll auf seine Kosten gekommen. Unter der Regie von Carlo Klein gastierte das Tournee Theater Thespiskarren aus Hannover im Stadttheater und begeisterte sein Publikum derart, dass die „Sangesmannen“ sich am Schluss zu einer Zugabe hinreißen ließen.

Die Stimmung im Saal brauchte gar nicht forciert zu werden, denn das sechsköpfige Ensemble schaffte es, von der ersten Spielminute an die Lachmuskeln zu lockern. Tenor Klaus Hülsing, gegeben von Claudius Freyer, der in seiner schlaksigen Art die Bühne erstürmte, hat nur eines im Kopf – Domingo und Pavarotti, denen er ein selbstverliebtes „Only you“ trällert. An seiner Seite die spröde, von Michaela Hanser gespielte Altistin Barbara Tacke, die ungelenke Flirtversuche mit dem Star des Abends, dem aufbrausenden  Dirigenten Werner Weber startete.

Widerspenstige Sangesmannen

Hans Werner Kraehkamp, bekannt aus Film und Fernsehen, ist in diese Rolle geschlüpft und bestach durch sein Temperament. Zum Schreien komisch war llona Schulz als unentwegt strickende Sopranistin Gisela Bockelmann zu erleben. Während des Einsingens schafft sie locker einen halben Pullover. Schließlich ist es ein Geschenk, das bis zum nächsten Tag fertig werden muss. Hartnäckigster Fall in Webers zusammengewürfeltem Haufen ist Bass Heinz, dessen Part Rüdiger Wandel übernahm. Sein impertinenter Drang in Richtung Toilette bringt die Sangesmannen, einschließlich Pianistin Bettina Koch, dicht an den Siedepunkt einer Eskalation. Nur die beschwörende Forderung des entnervten Dirigenten nach Ruhe und Disziplin schafft da noch halbwegs Ordnung, bevor er Heinz dann doch mit dem spitzen Stab zu Leibe rückt.

Aberwitzig sind die zunehmenden Verstrickungen jedes einzelnen Akteurs in die eigenen mitgebrachten Problemchen. Wollen sie wirklich proben und vor allem was? Bestenfalls ihr Meisterstück, das grandiose Opus 69, das sie dann tatsächlich zu Gehör bringen und das einigen Szenenapplaus erhielt. Nur taugt es aus Sicht des tyrannisch übersteigerten Dirigenten nicht, um dem Bürgermeister Dr. Joseph Kuckuck seinen 60. Geburtstag zu versüßen. Da muss etwas Neues her, und das nennt sich sinnigerweise „Kuckuck, Kuckuck, ruft’s aus dem Wald!“ Da schlucken die Sangesmannen erst einmal kräftig, während Weber zu Hochform aufläuft. Singen heißt siegen, brüllt er ihnen entgegen, und presst jeden einzeln wie eine Zitrone aus. Hier schlägt die Lust in Ernüchterung um, wenn Barbara ihr Stückchen Schokolade auf dem Bühnenboden vor aller Augen zertreten muss und Giselas Maschen fallen. Fast in Loriot-Manier gestalten sich die Dialoge mitsamt diesem widerspenstigen Unsinn, der ebenso zum Lachen animiert.

Am Schluss hat er seine Sangesmannen dann so weit, dass sie vor ihm auf den Knien rutschen und nichts mehr lieber wollen, nur noch singen und das vereint zu einem Gospelchor mit Weber als Vorkoster. Ein echtes Halleluja auf diese Szene als kabarettistischem Höhenflug! Selbst übertroffen hat sich die Chorprobe mit ihrer Hommage an den Kuckuck, wenn er dann endlich aus dem Wald ruft, das Ensemble ihn nach eigenem Gusto schrill improvisierte und Weber sich – burschikos in Richtung Saal gewandt – am Bühnenrand aufbaute: „Und jetzt, jetzt seid Ihr dran!ll