Heiter in die Theater-Halbzeit
Nun denn: so war Teil 1 der Theatersaison 98/99 mit einem Schmunzeln beendet worden – dank einer flott inszenierten Simon-Komödie, der man nicht nur den Ehrgeiz nach spritziger Unterhaltung ansah, sondern auch den schauspielerischen Anspruch.
„Barfuß im Park“ wartete weder mit zwei Frischvermählten auf, die ohne Fehl und Tadel waren, noch geriet die unvermeidliche Schwiegermutter in den Sog der üblichen (und üblen) Anschuldigungen. Und schon gar nicht verpasste man jenem „Mansarden-Ca-sanova“, den Norbert Hansing für den erkrankten Harald Leipnitz spielte, das plumpe Image des allzeit bereiten Verführers. Nein, es durfte schon ein wenig mehr sein. Zunächst war da ein famoses Bühnenbild, das in seiner gläsernen Schrägdachkonstruktion nicht nur wirkungsvoll, sondern auch stabil genug war, um das Gewicht der Darsteller zu tragen. Ganz unversehens wurden da Erinnerungen an die „Titanic“ wach, als die Wiedervereinigten eng umschlungen am Dachgeländer standen, fast entrückt hinter Glas, zart umweht von einsetzendem Schnee.
Klug, verführerisch und entschlossen versuchte Simone Pfennig den Kampf mit dem Ehealltag aufzunehmen, doch ach: so „unerträglich hübsch“ sie auch dagegen anzog, so widerstandslos ließ sich Ehemann Paul (Sebastian Goder) in die auferlegten Pflichten des Berufsalltages nehmen.
Dieses wohlbekannte Dilemma spielten die beiden mit der Intensität realen Erlebens, und dem Autor sei Dank, daß er den Charme und das Unkonventionelle des flugs hinzukommenden Mitbewohners (Norbert Hansing) nicht nur dazu mißbrauchte, den Jüngeren wegen seines Verantwortungsgefühles vorzuführen. Die weltmännische Pose dieses Victor setzte vielmehr Gefühle bei dessen Schwiegermutter frei, die diese erledigt wähnte. Hannelore Cremer spielte diesen Zustand, aber auch den Part der viel zu teilnahmsvollen Mutter mit herzlicher Hingabe, erweckte aber im Gegensatz zu der prächtigen Darbietung des Pärchens nie den Eindruck, als könne es sich dabei um etwas anderes als eine Komödie handeln. Hinreißend in Gestik und Artikulation versah Thomas Lang seine Rolle als Telefonmann; genaues Timing und ein feines Gespür für alles Komische seiner Tätigkeiten sorgten für Spaß und Heiterkeit.
Die Zuschauer hatten’s genossen und ließen sich mit „Barfuß im Park“ gerne daran erinnern, daß sich selbst der Reiz unbeschwerter Unterhaltung im Theater intensiver erleben läßt als über den heimischen Äther.
1998