Aus der „Huimat“: Werner Specht macht nachdenklich

LINDAU – Seit Jahren schon beweist das Allgäuer Urgestein Werner Specht, dass man bei glaubhafter Heimatverbundenheit und künstlerischer Kompetenz mit der Treue des Publikums rechnen kann. Die hat sich jetzt auch im Zeughaus gezeigt, wo mancher sehr genau hinhören musste, um dem urwüchsigen Dialekt auf der Spur zu bleiben.

„Im Grond isch alles scho gsagt.“ Mit dieser Feststellung hoben Werner Specht und seine beiden Mitstreiter Peter Zürn und Heiner Merk erst mal zu einem Instrumentalstück an, das genügend Zeit ließ, um das knappe Dutzend verschiedener Saiteninstrumente auf der Bühne in Augenschein zu nehmen. Hackbrett, Zither, verschiedene Gitarren, Heiner Merks Kontrabass und Exotisches wie ein „Hindelanger Banjo“ heischten dort um Aufmerksamkeit, waren aber stets darum bemüht, sich gegenüber Peter Zürns Akkordeon, seiner Gitarre oder auch der Maultrommel nicht in den Vordergrund zu drängen. Denn dieser Platz stand natürlich Werner Specht zu, der unaufdringlich, aber umso charismatischer das Herz der Gruppe verkörpert.

Specht sang und erzählte viel über seine „Huimat“, und mit sanftem Sarkasmus schälte er dabei den Unterschied zwischen dem „Musikantenstadel“ und echter „Volksmusik“ heraus. Dabei nutzt er durchaus auch die traditionelle Harmonik und die sittsamen Akkorde, die dort zum Garanten für ungetrübte und harmlos wirkende „Einschmeichelmusik“ herhalten müssen. Was Spechts Stücken jedoch gänzlich abgeht, ist das tumbe Heile-Welt-Getue, das oft so wenig reflektiert erscheint und so ungeniert auf kommerzielle Verwertbarkeit abzielt.

Denn Werner Spechts Verzicht auf instrumentale Raffinesse entspringt – trotz seines großen musikalischen Könnens – gerade seiner unverkünstelten Haltung, die sich in Wort und Ton äußert. Sein Witz ist nie derb oder gar platt, und wenn er in seinen Geschichten jemanden hochnimmt, so verbirgt sich dahinter meist jene Art von Sympathie, derer man sich im Allgäu einfach auf sehr eigenwillige Art versichert – und das im Zweifelsfall als „hintersinnig“ bezeichnet.

Auch den Zeitgeist kommentiert

Specht hat in den vielen Jahren seines künstlerischen Schaffens immer auch auf den Zeitgeist und manche Modeerscheinung reagiert und sie auf seine Weise kommentiert.

Dem haftet – etwa im Falle des „Handyman“ oder des Wellness-Booms – etwas sympathisch Verspätetes an, zeugt aber auch von Spechts Skepsis, weil nicht jede vermeintliche Errungenschaft gleich zur Lebensbereicherung auserkoren werden muss.

Vielleicht hat die Zunahme solcher Errungenschaften, die oft so gar nicht ins urallgäuer Weltbild passen wollen, dazu beigetragen, dass so ein Specht-Abend mittlerweile von recht viel Melancholie und auch ein bisschen Schwermut überschattet ist. Den Zuschauern schien die Kombination zwischen so viel Nachdenklichem, ein wenig Kabarettistischem und der Allgäuer Denkweise im Allgemeinen aber durchaus zuzusagen: Man muss ja nicht bei jedem Auftritt dabei sein. Für denjenigen im Zeughaus jedenfalls gab es eine Menge Beifall, und den war dieser Abend denn auch wert.