Meine Schwester und ich (Ralph Benatzky und Robert Blum)

Musikalisches Lustspiel punktet mit viel Unterhaltungswert

Auch wenn Genre und Handlung nicht mehr so recht in unsere Zeit passen wollen, so konnte die Inszenierung dieses Lustspiels mit einem beachtlichen Unterhaltungswert punkten. Das lag vor allem an der homogenen Ensembleleistung und dem Pianisten Andrew Hannan, der dem Stück so manch wertvollen Impuls verliehen hat.

Die skurrile Handlung dieses Stückes mit einer verliebten Prinzessin, ihrem Rollentausch als Schuhverkäuferin und all den Umwegen, welche die Liebe manchmal so macht, muss man an dieser Stelle ja nicht wiederholen – ihretwegen war vermutlich kaum jemand ins nahezu ausverkaufte Theater gekommen.

Viel eher lag das wohl am Bekanntheitsgrad von Darstellern wie Herbert Herrmann oder Nora von Collande, aber auch an der Erwartung der älteren Jahrgänge, wieder einmal den Ohrwürmern von früher zu begegnen:

„Ich lade Sie ein, Fräulein“ oder „Um ein bisschen Liebe“ kamen hörbar beim Publikum an, und der Einladung am Ende, doch ruhig mal mitzusingen, als zum zweiten Mal das Lied erklang „Mein Mädel ist nur eine Verkäuferin in einem Schuhgeschäft mit 80 Francs Salär in der Woche“ folgte dann eine erstaunlich große Anzahl der Zuhörer.

Natürlich hatten auch die vier anderen Schauspieler ihren Spaß an diesem flott inszenierten musikalischen Lustspiel, durften sie doch verschwenderisch mit dem humoristischen Potenzial umgehen, das in vielen von ihnen schlummert. Marcus Ganser gab den ungarischen Grafen hinreißend übertrieben und in bestem Wienerisch, Gerd Lukas Storzer benahm sich als Schuhladenbesitzer, als gelte es, den Weltrekord im Speichellecken aufzustellen.

Ensemble meistert Musik gut

Keck und erfrischend mischte Johanna Mildner die Truppe auf, und zum heimlichen Star des Abends avancierte Birge Funke, die mit ihrer Gesangskunst und ihrem temperamentvollen Spiel so manchen Szenenapplaus für sich verbuchte. Es muss auch erwähnt werden, mit welch erstaunlicher Sicherheit das restliche Ensemble mit den musikalischen Anforderungen zurecht kam, weil es genau den leichten Ton traf, der für solche Stücke angemessen ist.

Herbert Herrmann hat nicht nur den manchmal allzu überdrehten Bibliothekarsprofessor gespielt, sondern in seiner Inszenierung auch dafür gesorgt, dass die triviale Story hinter einer Menge choreographischer und anderer Regieeinfälle verschwand. Dazu gehört auch die vermutlich schnellste Verwandlung einer feudalen Bibliothek in einen schmucken Schuhladen, die je auf einer Bühne vollzogen wurde (verantwortlich: Günther Lüdecke).

Trotz anfänglicher Vorbehalte hat „Meine Schwester und ich“ also durchaus Laune gemacht, und es war lediglich bedauerlich, dass der Platz des fantastischen Manns am Klavier für die rechte Zuschauerseite kaum einsehbar war. Deshalb soll er wenigstens an dieser Stelle ins rechte Licht gerückt und sein Verdienst für die gelungene Aufführung nochmals hervorgehoben werden.