Der kleine Lord ( Frances Hodgson Burnett)

Auch auf der Bühne: Der kleine Lord wird zum Familienerlebnis

Wenn „Der kleine Lord“ auf die Bühne kommt, passiert in der Regel das, was sich jedes Theater wünscht: Jung und Alt freuen sich auf dieses Stück und sorgen für ein ausverkauftes Haus. Und wenn dann noch gute Schauspieler am Werk sind, können alle zufrieden sein – so wie bei der Aufführung am vergangenen Freitag.

Daran, dass ein Theaterabend durchaus etwas Besonderes sein darf, erinnerten gleich zu Beginn die vielen hübsch angezogenen Kinder. Lag es nun an der würdevollen Theaterumgebung oder einfach daran, dass man im Dunstkreis des gräflichen Schlosses, das wohl bald auf der Bühne entstehen würde, nicht mit unpassender Kleidung auffallen wollte – es war unverkennbar, dass viele auf einen Abend eingestellt waren, der sich jedenfalls von denen zuvor unterscheiden sollte.

Diesen Gefallen – so viel vorweg – machte ihnen das Münchner a.gon Theater. Der Inszenierung gelang es sowohl optisch als auch musikalisch, den Zauber und den Optimismus der weltberühmten Romanvorlage einzufangen und zu vermitteln.

Dafür waren die vier Musiker im hinteren Bühnenteil mitverantwortlich, die ebenso gekonnt wie unaufdringlich zur schönen Atmosphäre beitrugen, die sich über das ganze Stück hindurchzog. Zu den herrlichen Kostümen passte die großzügig wirkende Ausstattung der Bühne, die einfach, aber überaus effektvoll zu verwandeln war und sich stets auf eine fein abgestimmte Beleuchtung verlassen konnte.

Insbesondere aber lag das an dem offensichtlich gut disponierten Schauspielensemble, dem die vielen zurückliegenden Tourneeauftritte in keiner Weise anzumerken waren; dies ist – nach eigenen Aussagen – nicht zuletzt dem schönen Lindauer Stadttheater und seinem erfahrenen Publikum zu verdanken: zwei Gründe, weshalb viele, oftmals sehr bekannte Darsteller hier immer wieder gerne auftreten.

Eine Dame als kleiner Lord

Zu diesen gehört noch nicht die Hauptdarstellerin Andrea Frohn. In ihrer Rolle als Lord Fauntleroy erfüllte sie mit ihren rund 160 Zentimeter Körpergröße jedoch nicht nur die Vorgaben dieses berühmten „kleinen“ Lords, sondern passte in ihrer überzeugend gespielten Fröhlichkeit, ihrer Burschikosität und ihrem unwiderstehlichen Charme bestens zur Vorstellung, die man von dieser sympathischen Figur hat. Vermutlich dürfte sie das in Zukunft auch für Aufgaben prädestinieren, wie man sie an den Kleinen Prinz, Liza Doolittle oder Undine stellt.

Pavel Fieber spielt hinsichtlich des Bekanntheitsgrades in einer anderen Liga. Den mürrischen und kaltherzigen Grafen Dorincourt knurrt er zunächst mehr als dass er ihn spricht.

Dies erweckt gelegentlich den Eindruck, als würde er seinen Part als nicht allzu große Herausforderung begreifen. Auch hat man den Eindruck, als verleihe er seiner Rolle nicht jenes Maß an spielerischer Feinzeichnung, welche den Übergang vom gefürchteten Aristokraten zum bekehrten Menschenfreund nachvollziehbar machen würde.

Meist jedoch widmet er sich ebenso hingebungsvoll seiner Aufgabe wie das all die anderen Mitspieler tun: ob Christine Rothacker als liebevolle Mutter des kleinen Lords oder – um wenigstens noch einen weiteren Namen aus dem 8-köpfigen Ensemble herauszugreifen – Renate Koehler als erfrischende Tante Henriette: Allesamt vermittelten sie den wohltuenden Geist dieses Musicals. Auch die choreographischen und sängerischen Anforderungen lagen bei diesem Ensemble in guten Händen. Dafür, dass die Gesangsnummern zumindest ab der Pause in tragbarer Lautstärke zu hören waren, sorgte der verständnisvoll reagierende Mann am Mischpult. So waren alle Voraussetzungen erfüllt, dass dem vielen Zwischenapplaus am Ende auch ein langer Schlussapplaus folgte, in den vor allem die vielen jungen Zuschauer begeistert einfielen.