Arzt wider Willen (Molière)

Geistreiche Einfälle klug über das ganze Stück verteilt

Froh zu sein, bedarf es wenig: Zwei niedliche Stellwände der Studentenbühne der TU Dresden demonstrierten grünfarben gegen falschen Bühnenpomp.

Flankiert von Kochlöffel, Hocker und wenigen anderen Utensilien konzentrierte sich das Geschehen um Molières „Arzt wider Willen“ ansonsten auf ergiebigere Tugenden. Diese fanden reichen Ausdruck in einer Maskierung, gut aufeinander abgestimmten Kostümen und überwiegend beeindruckendem Schauspiel.

Nein, es bedarf keiner psychologischen Bemühungen, um der Wirkung dieser fetzigen Posse auf die Spur zu kommen. Jede Übertreibung, jede Deftigkeit wird gerne mitgenommen, um dem übertriebenen Standesdünkel der damaligen Ärzteschaft satirisch beizukommen. Am Beispiel des gerissenen Holzfällers Sganarell führt Molière vor, dass überzeugendes Imponiergehabe und ein klägliches Repertoire lateinischer Vokabeln bereits genügen können, um Eintritt ins gelobte Ärzteland zu erhalten. Die Schauspieler – allen voran Ralph Kusserow – agierten mit einer Fülle gestischer und mimischer Mittel, die staunen ließ. All die stückbedingten Übertreibungen kamen nicht plump daher, sondern waren eingebettet in zügiges, gut aufeinander abgestimmtes Spiel. Dieses gewann mit dem Auftauchen der überdimensionalen Brüste der Amme Jaqueline (Ina Freyer) zusätzlich an Fahrt, musste doch Mehrfrontenkämpfer Saganarell all seine Fantasie aufwenden, um die deftigen Angriffe auf die imposanten Objekte der gesunden Amme hinreichend, also medizinisch, zu begründen. Sein ursprünglicher Auftrag, die Patientin Lucinde wieder zum Reden zu bringen, geriet dabei schier aus dem Blickfeld. Natürlich gelang auch das nach zahlreichen Umwegen, Erb-, Lieb-und kurzer Gefangenschaft sei’s gedankt.

Die Studenten fielen großenteils durch eine bemerkenswerte Sprechkultur auf. So wurde der hübsche Einfall des sächsischen Dialekt-Intermezzos von Thibaut und Perrine als besonders sympathischer Hinweis auf die Herkunft der Truppe empfunden. Diese Herkunft war noch am ehesten Jens Hartmann als etwas harmlosem Liebhaber Leandre anzumerken.

Ansonsten sprudelte das Stück vor geistreichen Einfällen, die klug über die ganze Handlung verteilt waren und diszipliniert, teilweise witzig synchron umgesetzt wurden. Besonders hingewiesen sei noch auf Knut Noeske, der als einfältiger Diener besonders deutlich machte, was offenbar Anliegen der Schauspieler war: die Komödie Molières nicht als harmloses Lustspiel zu begreifen, sondern die pantomimischen Möglichkeiten und den Geist der commedia dell’arte konsequent umzusetzen.

Die neun Bodensee-Termine der Dresdner Studententruppe fanden in Lindau ihren Abschluss. Der als „unterer Schnarrenberg“ angekündigte Schrannenplatz erwies sich dabei einmal mehr als herrliche Kulisse für das sonntägliche Spektakel, dem etwa 100 Zuschauer beiwohnten. So mausern sich nicht zuletzt durch verschiedene Initiativen des Kulturamtes Schrannenplatz und Zeughaus allmählich zum Ort, wo Lindaus sommerliche Kultur offenbar mit der größten Zustimmung rechnen kann.