Menschliche Unzulänglichkeiten mit hohem Unterhaltungswert
Zwei Säulen für die zahlreichen einfarbigen Klappwände, sparsame Requisiten, ein sensibles Beleuchtungsteam und – das vor allem: – Schauspieler, die einsichtig genug sind, Loriot nicht zu interpretieren, sondern ihn mit allem schauspielerischen Ehrgeiz nachzuspielen: genügend Zutaten, die einen erfolgreichen Abend mit seinen „Werken“ garantieren.
Die Münchner „Komödie im Bayerischen Hof “ wurde von einem zahlreichen Publikum im Lindauer Stadttheater erwartet, das sich einer sympathisch spiellaunigen Spielertruppe gegenübersah. Besonders Gunnar Möller, dem berühmten Fernsehvorbild auch äußerlich am ähnlichsten, hatte sichtlich Spaß daran, die Palette seiner vielfältigen Rollen glaubhaft zu machen: den arglos nervenden Konzertbesucher, den etwas trotteligen Ehemann im Modegeschäft, die ewig mißverstandene Ehefrau (sic!) beim Frühstücksei, den treudoofen Hund mit der so einseitigen Vokalbeherrschung und schließlich den routiniert-gelangweilten Weinvertreter. Auch nach der Pause steigerte er sich noch in den Szenen als festgefahrener Cellist, wußte der alkoholischen Entwicklung beim „Anstandsunterricht“ genügend spielerische Mittel beizufügen, und überzeugte als Vati in der berühmten Szene von „Mutters Klavier.“ Erkennbar männlich standen seine und Christians Ebels nackte Körper der Schattenwand Modell, hinter welcher die „Herren im Bad“ in herrlich überflüssiger intellektueller Verausgabung einander den Platz streitig machten.
Die leise Komik Loriots fand in den sieben Schauspielern ein Team, das seiner Feinsinnigkeit selbst in den einladendsten Szenen nicht allzu sehr auf den Leib rückte. Auch die Auswahl und Reihenfolge der im Grunde recht vertrauten Alltagsszenen zeugte von einer wohl überlegten Dramaturgie. Nur selten drängte sich das Bild des Originals vor Augen, wie etwa beim etwas flüchtigen Raimund Gensel in der Rolle des eiligen Herrn beim „Feuer geben.“ Gerade Gensel aber bot in allen anderen Szenen eine der überzeugendsten Partien. Besonders hervorzuheben ist noch Christiane Hammacher, die in der schon fast tragischen Rolle der Jodelschülerin, der Bratscherin im „Beethoventrio“, ganz umwerfend aber in der berüchtigten Ansagerinnen-Rolle mit den vielen englischen „th’s“ zu glänzen wußte.
Loriots Abend mit Teil II seiner „dramatischen Werke“ führte vor, wie reich das Betätigungsfeld angewandten Humors bei genauer Beobachtung sein kann; ohne tortewerfende Hysterie und zweifelhafte Schlüpfrigkeiten gelang es mühelos, theatralisch die leichte Kost menschlicher Unzulänglichkeiten mit hohem Unterhaltungswert zu verbinden.