LINDAU – Mehr Atmosphäre geht nicht: die herrlichen italienischen Schnulzen aus den 50er und 60ern mit der „Famiglia Rossi“ haben dem Publikum auf dem voll besetzten Schrannenplatz eine unbeschwerte Sommernacht beschert. Und dies mit hohem Unterhaltungswert und beachtlicher musikalischer Qualität.
Freitag war wieder einmal so ein Abend, wo einem bewusst wurde, was der Begriff „kulturelle Vielfalt“ eigentlich bedeutet und wie glücklich sich eine Stadt schätzen kann, wenn ihr eigenes Kulturangebot noch von anderen kreativen Anbietern flankiert wird. Der Club Vaudeville hat in dieser Hinsicht Pionierarbeit geleistet, die nach wie vor ihre üppigsten Früchte trägt, und der Zeughausverein ist seit Jahren dabei, die Kleinkunst-Szene in seiner ganzen Bandbreite zu erschließen – und dies mit immer größerem Erfolg.
Und so kommt es, dass viele Gäste und Bewohner das Musikangebot am Seehafen für repräsentativ und den Bedürfnissen Lindaus entsprechend halten, während gleichzeitig ganze Scharen dorthin strömen, wo die Aussicht zwar nicht ganz so verlockend, die Musik aber umso origineller ist und als Ausdruck der hiesigen Vielfalt geschätzt und wahrgenommen wird.
Am Freitag war das – wieder einmal! – der Untere Schrannenplatz, den der Vereinsvorsitzende Karl-Heinz Brombeis für diese Zeit zu Recht in „Munterer“ Schrannenplatz umbenannt hat. Denn er hatte die „Famiglia Rossi“ aus Italien eingeladen: Drei Geschwister samt Cousine, die mit mediterraner Leichtigkeit zeigten, wie man alte „Canzona d’ltalia“ zeitgemäß und amüsant präsentiert. Aus der Plattensammlung der seligen Mama flochten sie einen hinreißenden Melodienstrauß, den Akkordeonspieler Massimo als sympathischer Macho moderierte und zeitweilig zu einer kabarettreifen Bühnenshow umfunktionierte. Schwester Beatrice assistierte gekonnt auf dem Kontrabass und erntete manchen Zwischenapplaus, weil sie vor allem stimmlich in jeder Hinsicht umwerfend war. Gitarrist Michele fühlte sich in allen Sparten zu Hause und glänzte mit allem, was sich zwischen „Tinterella di Luna“ und dem „St. Tropez Twist“ an spielerischen Möglichkeiten auftat. Mit ihrer kleinen „batteria“ zeigte schließlich die hochtalentierte Giulietta, was man sich unter einem lässigen Schlagzeugspiel vorzustellen hat.
Schöner Abend
Das alles hatte unaufdringliche Klasse, die nichts anderem verpflichtet war, als den Zuhörern einen schönen italienischen Abend zu servieren, wie es ihn wohl auch im eigenen Land nicht mehr so häufig gibt. Umso schöner, wenn es solch rührige Veranstalter und auch geeignete Plätze gibt, welche die Erinnerung an diese vitale Musikkultur wach halten.